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Radprofi Silvan Dillier über Carboloading

Wie geht Carboloading?

Unter Carboloading versteht man das komplette Füllen der körpereigenen Energiespeicher (Glykogenspeicher) vor einem Wettkampf oder Rennen. In den Muskeln und in der Leber kann der Körper Kohlenhydrate in Form von Glykogen speichern, welches im Training und Wettkampf als Energiequelle dient. Vor dem Wettkampf ist es wichtig, die Glykogenspeicher ganz aufzufüllen.

Insbesondere in Ausdauersportarten, zum Beispiel vor einem Marathon oder Triathlon, kommt Carboloading zum Einsatz. Auch Spielsportarten mit hoher physischer Belastung und / oder hohem Wettkampfrhythmus erfordern ein gezieltes Auffüllen der Kohlenhydratspeicher.

Wie geht Carboloading genau?

Effizientes Carboloading beginnt 1-3 Tage vor dem Wettkampf, indem täglich 10g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht eingenommen werden. Wenn die Glykogenspeicher vor dem Beginn des Carboloadings komplett entleert waren (beispielsweise durch sehr langes Training), sollte das Carboloading 3 Tage dauern, wenn die Glykogenspeicher vor dem Carboloading normal gefüllt waren, reichen 1-2 Tage.

Um auf genügend Kohlenhydrate zu kommen, ist es wichtig, dass du über den Tag verteilt ständig Kohlenhydrate einnimmst – ein Teller Pasta zum Abendessen wird nicht reichen. In diesen Tagen sollte bewusst fett- und proteinarm gegessen werden sowie auf Nahrungsfasern verzichtet werden. Nebst der kohlenhydratreichen Nahrung sind auch flüssige Kohlenhydrate notwendig.

Für die Carboloading-Phase musst du deine Vorsätze zur ausgewogenen Ernährung über Bord werfen. Süssgetränke, Toastbrot mit extra viel Honig sowie Gummibärchen darfst du ganz bewusst in deinen Speiseplan integrieren. Vollkornprodukte, Gemüse, Rohkost und der Salat, welche in der Basisernährung wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe liefern, dürfen vor einem Wettkampf getrost weggelassen werden.

Sowohl um die Ernährung anzureichern als auch als Getränk bietet sich das Kohlenhydratpulver Maltodextrin an. Maltodextrin enthält weder Fett noch Protein und ist geschmacksneutral. Es kann einfach in diverse Speisen eingerührt (zum Beispiel Müesli, Saucen) oder als Getränk konsumiert werden.

Genügend Kohlenhydrate einzunehmen bedarf übrigens einer guten Organisation. Insbesondere, wenn du vor dem Wettkampf länger reist, sollte die Zufuhr vorgängig geplant werden.

Silvan Dillier über das Carboloading

Radrennfahrer Silvan Dilier (www.silvandillier.ch) ist mehrfacher Schweizer Meister im Einzelzeitfahren, Weltmeister im Mannschaftszeitfahren und hat 2017 die Schweizermeisterschaft und eine Etappe am Giro d'Italia gewonnen.

Auch er setzt in den Tagen vor Wettkämpfen auf die Ernährungsstrategie Carboloading. Er hat uns erklärt, was bei ihm auf den Teller kommt:

  • Morgen: 3 Scheiben Brot mit Butter und Marmelade / Honig oder 100g Müsli
  • Mittag: 250g Pasta, Reis oder Quinoa mit 2 Eieromelett mit Käse
  • Abend: 3 Scheiben Brot mit Butter und Marmelade / Honig, etwas Schinken und Käse oder 100g Pasta, Reis, Quinoa mit Putenbrust
  • Snacks: Eine Frucht, Stück Schokolade etc. sind erlaubt. Ich persönlich verzichte allerdings darauf, da ich meinem Magen gerne eine Pause zwischen den grossen Mahlzeiten erlaube.

Wassereinlagerungen: Das Carboloading-Dilemma

Bei der Speicherung von Glykogen wird auch Wasser eingelagert. Auf jedes Gramm Kohlenhydrate speichert dein Körper ungefähr 3g Wasser. Da jedes zusätzliche Gramm Gewicht bewegt werden muss, stehen einige Sportler dem Carboloading kritisch gegenüber.

Können Entwässerungsmassnahmen Abhilfe schaffen?

Dr. med. Christian Lee gibt Auskunft:

In grosser Menge eingenommene Kohlenhydrate werden von der Leber oder den Muskelzellen in Glykogen (die Speicherform der Kohlenhydrate) umgewandelt und in den Zellen als Energiespeicher gelagert.

Glykogen ist ein makromolekulares Kohlenhydrat mit mehr als 10'000 Glucose-Einheiten. Die Glucose-Einheiten enthalten viele Hydroxylgruppen (-OH) und Sauerstoffatome (-O-), welche starke Wasserstoffbrückenbindungen zu den Wasserstoffatomen im Wasser bilden. Diese Bindungen sind bärenstark und lassen sich nicht ohne Weiteres knacken.

Das Wasser kann man durch Entwässerung deshalb niemals wegbringen. Bei Einnahme grösserer Mengen von zum Beispiel Diuretika (Entwässerungsmedikament) würde man nebst Durst und Blutdruckabfall (Salzverlust) höchstens eine Thrombose / Embolie produzieren. Die Möglichkeiten, den Körper zu überlisten, werden oft viel höher eingeschätzt, als sie tatsächlich sind.

Fazit: Entwässerungskuren haben im Ausdauersport nichts verloren – auch nicht während dem Carboloading. Da die Kohlenhydratspeicher nach 60-90 Minuten Belastungszeit aber wieder entleert sind und dann auch das zusätzliche Gewicht (Wasser + Glykogen) wieder weg ist, lohnt sich Carboloading trotzdem. Auch Silvan Dillier meint dazu: „Dieses Symptom kann bei harten Anstrengungen etwas blockierend wirken, verschwindet aber nach den ersten Efforts im Wettkampf“.

Das Carboloading kann in unterschiedlichen Ausmassen durchgeführt werden. Es gilt, eine individuelle Strategie zu finden, die es ermöglicht, die Vorteile des Carboloadings zur Leistungsoptimierung zu nutzen, ohne dass die Leistungsfähigkeit durch die zusätzliche Wassereinlagerung übermässig beeinträchtigt wird.

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